Unglaubliche Realsatire - Part 1-7
Zur allgemeinen Information poste ich eine Satire von einem Bekannten und würde mich auf jegliche Kritik und Resonanz freuen.
MfG
Denis
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Viel Spass beim lesen !
KULTUR IM TAL DER AHNUNGSLOSEN
Unglaubliche Realsatire der Verurteilung eines Verbrechens nach dem BTM - Gesetz
Es ist lediglich ein paar Tage her, daß ich für meinen einstigen Willen - einem Fremden gegenüber zuvorkommend und hilfsbereit zu sein - ziemlich hart von der Justiz abgestraft wurde, Stress, Angst sowie enormen Geldverlust erdulden mußte und letztendlich doch nur erkennen durfte, wie sehr unser scheinbar hochgezüchtetes Rechtswesen am brüchigen Stock geht, so daß auch die Anschaffung eines Rollstuhls kaum gegen die allgemein dementen, verkalkten Ausfallserscheinungen des Justizsystems wird helfen können.
Übrig blieb meinerseits nach diesem umfangreichen Strafverfahren bloß ein resignatives Kopfschütteln und der wohlmeinende Hinweis für eine ganz bestimmte Klientel von hunderttausenden Kranken, das marode Gesundheitssystem weiterhin nach Kräften zu fleddern, damit es endlich zusammenbricht und auch die Gerichte die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen.
Dann – vielleicht – wird man erkennen, daß es doch noch Pfade gibt aus dem düsteren Tal der weit verbreiteten Ahnungslosigkeit, wo man mit Menschenleben spielt, als seien Schicksale nur so wichtig wie ein Fliegenschiss an den Speichen des besagten Rollstuhls.
Alles begann in einer kalten Januar – Nacht, als ich mich gerade bereit machte, meine Nachtschicht in der Taxizentrale anzutreten.
Ich freute mich auf die Arbeit, denn ich machte den Job bereits drei Jahre, und zu dieser Jahreszeit in der Nachsaison war die Taxidisposition locker und easy zu bewerkstelligen.
Die Bezahlung war angemessen, und darüber hinaus lernte man jede Menge über Menschen, über deren Marotten, Ansichten oder momentane Zustände.
Für mich war diese Tätigkeit eine Art Anker und Grundpfeiler meiner Existenz geworden, denn zuvor hatte ich über etwa drei Jahrzehnte ein ziemlich unstetes Leben zwischen Drogenabhängigkeit, Knast und allerlei existenzieller Improvisation geführt. Intensive Phasen der Heroin- und Kokainsucht wechselten sich ab mit lang anhaltenden Versuchen, meinem Dasein eine andere Richtung vorzugeben, als möglicherweise eines Tages doch nur überdosiert das Zeitliche segnen zu müssen.
Auf dem harten Weg durch diesen schwer zu durchschauenden Irrgarten meines täglichen Überlebenskampfes trieb es mich in einem halben Jahrhundert quer durch die gesamte Bundesrepublik: Von Hamburg nach Saarbrücken, dann nach Lübeck und später nach Bayern, von dort nach Heilbronn und schließlich nach mehreren Entgiftungen auch nach Geesthacht.
In dieser Kleinstadt begann ich erstmals Taxi zu fahren, und ich fand Gefallen an der lockeren Arbeit, die nicht besonders hohe Anforderungen stellte.
Die Mega-City Hamburg aber war nicht allzu weit entfernt, und das Koks, das die Schwarzen damals in St. Georg vertickten, wurde zur immer größeren Gefahr für mich, denn es war billig und gut und überschwemmte geradezu den Markt. Es war ständig lockende Versuchung.
Dennoch hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits die Schnauze gründlichst voll vom Gift - Business und seinen mit immenser Angst besessenen Auswirkungen. Es schien wie ein hungriges Monster zu sein und fraß mich permanent auf, um mich in aller Regel gut vorverdaut wieder auszukotzen.
Also wechselte ich nach einigen Monaten erneut meinen Aufenthaltsort, als geradezu passend auch eine Beziehung auf Sex- und Drogenbasis in die vorhersehbaren Brüche gegangen war.
Auf Sylt wurden zu jener Zeit Taxifahrer gesucht. Durch den annoncierenden Arbeitgeber wurde zudem eine Unterkunft in Aussicht gestellt, und so kostete es mich auch diesmal wiederum nur wenig Überwindung, meinen wenigen Krempel zusammen zu packen und mein abstrus - abenteuerliches Leben erneut von Null an zu beginnen. Es wurde eine Art Wiedergeburt...
1997 landete ich also mit zwei Koffern voller Klamotten, mit dem nötigsten an Hausrat und einigen persönlichen Erinnerungsstücken auf ausgerechnet jener Insel an, die ständig in der Touristik – Werbung als „In Deutschland ganz oben!“ bezeichnet wird und bekam den ausgeschriebenen Job.
Ich begann für eine größere Firma zu fahren, deren Geschäftsführer ich einige vage Andeutungen über mein Vorleben gemacht hatte und erhielt damit die Chance, die Dinge anders zu machen als bisher. Absolut anders.
Leicht war dieser Neustart nicht, denn ich kannte weder die Insel Sylt selbst, noch irgendwelche Leute dort oder etwa das System, wie Personenbeförderung auf dem Eiland praktiziert wurde.
Geschweige denn kannte ich einen Arzt, der mich mit meiner täglich notwendigen Ration Methadon versorgte, das meinen gelegentlichen Appetit auf injezierbares Material schon jahrelang einigermaßen in Schach gehalten hatte.
Gesundheitlich war ich damals ohnehin relativ angeschlagen, denn seit den frühen Achtzigern plagten mich das Wissen und die direkten körperlichen Auswirkungen einer chronischen Hepatitis, und aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes war ich bereits kurz nach dem Nachweis der Leberinfektion mit einem lebenslänglichen Teilnahmerecht am staatlichen Substitutionsprogramm ausgestattet worden, was unzweifelhaft zu einer gewissen Stabilisierung führte.
Dennoch empfand ich diese medikamentöse Hilfe mitunter wie ein achtlos hingeworfenes Gnadenbrot – als eine Art stillschweigenden Wiedergutmachungs - Versuch der Gesellschaft, die wenigen Überlebenden des „Krieges gegen Drogen“ innerlich ruhig zu stellen und sie dadurch besser verdrängen zu lassen, daß Kriminalisierung und Ausgrenzung (drogensüchtiger) Menschen im Grunde einem weltweitem Genozid gleichkommt, den man als notwendiges Regulativ gegen die globale Überbevölkerung lediglich achselzuckend hinnimmt. Zu diesem traurigen Fazit sah ich mich aufgrund der allgemeinen Verhältnisse und all meiner Erfahrungen genötigt.
Meine Dosierung an „Metha“ war nicht besonders hoch und hinderte mich in keinster Weise, ziemlich schnell als Taxifahrer auf der Insel klarzukommen. Alles lief bestens.
Zwar schlief ich aufgrund des verabreichten Zeugs jeden Tag gute 12-14 Stunden, aber für mich waren diese Phasen des tiefen, traumlosen Schlafes genau jene ersehnte Möglichkeit, mich seelisch und emotional nicht mit allgegenwärtiger Not, mit Unrecht und Gewalt auf der Welt befassen zu müssen, die in Form von schlechten und negativen Nachrichten permanent aus allen Medien auf mich einprasselte.
Pennen war da wie Erholung. Wie die erlösende Ohnmacht nach schwerer, intensiver Folter oder wie kurzzeitige Gesundung nach immer wiederkehrender Krankheit.
Die direkten Auswirkungen meiner Hepatitis indes hatte ich ziemlich gut im Griff: Die gelegentlichen Depressionen wegen der Angst, irgendwann Zirrhose oder Leberkrebs zu entwickeln, konnte ich mit Hanf bestens bekämpfen. Das Kraut half gegen meine dauernden Appetitstörungen, linderte den permanenten Bauchdruck und wie sich herausstellte, sorgte es wegen seiner entzündungshemmenden Eigenschaften auch für kontinuierlich gute Leberwerte.
Mit dem neuen Arzt, der mich nun mit Ersatzstoff versorgte, hatte ich erfreulicher Weise jemanden gefunden, der nicht nur überaus tolerant und relativ locker drauf war, sondern in der Tat ebenso etwas über das unbestreitbare therapeutische Potential von Cannabis wußte. Ich freute mich, jemanden aufgetan zu haben, der nicht dem öden Durchschnitt der „Götter in Weiß“ entsprach. Auch er gab mir meine Chance...
Als notwendiger Bestandteil der Methadon – Vergabe zählt die sogenannte „psychosoziale Betreuung“, der man sich als Klient im offiziellen Programm in einer Drogenberatungsstelle unterziehen muß. Ich hatte nun bereits Arbeit, Wohnung, legalen Hilfsstoff vom Arzt und illegalen durch den geringen Selbstanbau von Hanfkraut zum Eigenkonsum. Fehlte nur noch die „ordnende Hand“.
Selbige lernte ich schließlich bei der örtlichen Drogenberatung kennen: Ein engagiertes Persönchen weiblicher Natur, das ihren Sysiphus - Job womöglich aus anfänglicher Überzeugung gemacht hatte, aber über die Jahre schnell der größten Illusionen beraubt wurde, lediglich durch Gespräche die vielen, verschiedenen Suchtcharaktere zur Dauerabstinenz bewegen zu können oder gar als Vorbild an individueller Lebensführung für manchen Süchtel zu dienen. Bemüht, aber oft auch hilflos.
Trotzdem faßte ich Vertrauen zu ihr im Verlaufe der Jahre; ich konnte über Probleme und Schwierigkeiten berichten, durfte mich mitunter bei ihr sogar richtig gehen lassen und ausheulen, ohne daß ich mich dafür schämen mußte, und in meiner weitestgehenden Einsamkeit wurde die „Drobse“ für mich zur Möglichkeit, menschliche Reflektion auf einen wichtigen Teil meines eigenen Verhaltens zu bekommen, anstatt alle problematischen Vorkommnisse wie bisher nur in Gedicht- oder Kurzgeschichten - Form nieder zu schreiben oder alle negativen Emotionen mit Opiaten und anderen Injektions - Substanzen platt zu machen, wie ich es vorher von frühester Jugend an getan hatte.
Insofern akzeptierte ich diese Person mit augenscheinlichem Helfersyndrom als geeignete Therapeutin für mich, wenn mir auch schnell klar wurde, daß in unseren häufig stattfindenden Zweiergesprächen ich selbst ebenfalls in bestimmter Weise irgendwie therapierte, indem ich mit falschen Vorstellungen und überkommenen Vorurteilen aufräumte...
Allein schon dadurch, daß ich bewies, daß ein Leben mit Drogenkonsum nicht nur möglich war, sondern geradezu bestmöglich gemeistert werden konnte, wenn man die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür schuf. Allerdings führte ich mit diesem Verhalten die Tätigkeit meiner „Drobse“ oft genug regelrecht ad absurdum.
Doch auch sie gab mir meine Chance...
Part 2 folgt...
Geändert von Denis (07.07.2004 um 22:42 Uhr)
'_' + __~ = *_*
"nur die Harten komm` in Garten – die Kiffer dürfen etwas länger braten !"
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"Erst wenn wir alles verloren haben, haben wir die Freiheit alles zu tun"
Foren-Disclaimer:
Üblicherweise gehe ich davon aus, dass die von mir verlinkten Seiten keine illegalen Inhalte enthalten sondern seriöse Informationen zu den Themenbereichen Drogen und Drogenpolitik.
Da ich das aber logischerweise nicht in jedem Falle überwachen kann, fordert das Gesetz von mir, mich von den Inhalten aller verlinkten Seiten zu distanzieren. Das sei hiermit geschehen. Auch möchte ich nicht zum Drogenkonsum aufrufen.
Sofern sich jemand aufgrund der Dialoge verletzt fühlt, werde ich sie umgehend nach Mitteilung ändern.
Das ACM-Forum distanziert sich konkret und ausdrücklich von diesem Beitrag.
Der Autor haftet ausschließlich selbst für seine Äußerungen! Siehe hier: http://www.heise.de/newsticker/meldung/89348
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